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Der Edelhof - Blick Richtung Rust
Der Edelhof - Blick Richtung Eisenstadt
Glockenmadonna

Der Edelhof - Das Herrschaftshaus

Edelhöfe als Wohnsitze für Kleinadelige, die ihrer Stellung nach den Platz zwischen Bauern und Herrschaft einnahmen, waren in unserem Grenzland einst zahlreich vorhanden, aber viele davon haben die „Jetztzeit“ nicht mehr erlebt. Der St. Margarethener Edelhof ist damit ein seltenes noch erhaltenes Beispiel solcher Ansitze und stellt ein weitgehend unverfälschtes Zeugnis adeligen Wohnens (und Lebens) des westungarischen Raumes dar.

Er zeigt die charakteristische Architektur eines Kleinadelssitzes: Großzügig dimensionierte straßenseitige Wohnräume und ebenfalls großzügig gestaltete hofseitige Nutzräume, z.B. der eindrucksvolle Fruchtspeicher im Obergeschoß des linken Seitentraktes. Die Entstehungszeit des Baukerns des zweigeschossigen Gebäudes wird von Experten unterschiedlich mit dem 13. bzw. 16. Jahrhundert angegeben; Umbauten erfolgten im 17., 18. und 19. Jahrhundert.

Die Straßenseite ist durch einen leicht vorspringenden Flacherker gegliedert. Die Fenster wurden im Zug der diversen Umbauarbeiten verkleinert und stammen, in der derzeitigen Form, aus dem 17./18. Jahrhundert. Die Einfahrt ist von einem steinernen Korbbogen mit abschließendem Keilstein umrahmt. Etwas versetzt oberhalb der Toreinfahrt ist eine Nische mit einer Glockenmadonna aus dem späten 17. Jahrhundert. Diese gilt als Hinweis auf die Esterházys, da Paul I. ein großer Marienverehrer war.

Vergangenheit …

Der im Volksmund als „Herrschaftshaus“ bezeichnete St. Margarethener Edelhof war zu Beginn der Geschichte seiner wechselvollen Besitzverhältnisse möglicherweise Wohnsitz von Familien, die ursprünglich im Dienst der Dynastie der „Gutkeled“ standen. Die „Gutkeled“ waren ein sehr einflussreicher und wohlhabender Clan, dessen früheste Angehörige im 11. Jahrhundert vermutlich aus Schwaben kamen, im westungarischen Raum ansässig wurden und deren Geschlecht bis ins 14. Jahrhundert nachverfolgbar ist.

Häufiger Besitzwechsel kennzeichnet die Geschichte des Hofes: Er wurde ge- und verschenkt als Gegenleistung für Gefolgschaften, für loyales Verhalten, für militärische Unterstützung. Er wurde vererbt, verkauft, verpfändet, exekutiert; teilweise war er verödet, wurde im Zug kriegerischer Auseinandersetzungen und durch Brände (teilweise) zerstört, wieder aufgebaut, erneuert…

Von den durch die Jahrhunderte oft häufig wechselnden Besitzverhältnissen werden im Folgenden nur jene erwähnt, die für die Geschichte des Hofes in der Literatur als nachweisbar relevant erscheinen. Obwohl die jeweiligen Besitzer gut dokumentiert sind, ist das „Wie“ und „Warum“ eines Besitzwechsels nicht immer nachvollziehbar. Das wird deutlich mit der Formulierung in der beigezogenen Literatur: „der Hof‚ gelangte an“…

Im Herrschaftsurbar Eisenstadt (Verzeichnis der herrschaftlichen Besitztümer) von 1569 ist ein Christoph von Althaimb (Althan) mit 4 Untertanen angegeben, in dessen Besitz der Hof offenbar etliche Jahre blieb, denn im Urbar von 1580/89 ist er noch immer als Besitzer verzeichnet.

1614/15 kümmerte sich die Witwe eines Franz von Tannewitz, an den der Hof „gelangte“, um den Wiederaufbau des „öden“ Gutes: Während des Bocskay-Aufstandes 1605 erlitten die Gebäude durch einen Brand großen Schaden. Nach dem Wiederaufbau richtete die Besitzerin eine Meierei- Wirtschaft darin ein, musste den Hof aber „wegen übermäßiger Schulden“ wieder verkaufen.

Zwei weitere Besitzer sind verzeichnet, bis der Hof erstmals Esterházysches Eigentum wurde. Graf Paul Esterházy kaufte ihn 1654 samt dem dazugehörigen Ganzlehen um 5000 Gulden, überschrieb das Gut aber dann für 15 Jahre dem Gregor Nagy von Vásárhely. Dessen Witwe Elisabeth, die Stifterin des Ecce Homo– Kreuzes, eines Bildstockes an der Ödenburgerstraße, ist im Herrschaftsurbar Eisenstadt von 1675 unter dem Namen „Wäschähelin“ als Besitzerin des Edelhofes genannt. Dazu gehörten inzwischen 5 Untertanen, ein Ganzlehen sowie zwei Viertel- und zwei Achtellehen – wahrlich eine wohlhabende Frau.

Ein Ganzlehen umfasste 32 ungarische Joch Grund, sowie Weideberechtigung, Wiesen und Waldanteile. Laut Urbar von 1675 gab es in St. Margarethen nur ein einziges weiteres Ganzlehen, und zwar jenes des „Franntz Grub“, des Eigentümers eines zweiten Edelhofes (Freihof) der allerdings bis heute nicht gefunden wurde.

Nach dem Tod der Elisabeth Vásárhely (25. Juni 1675) werden neben neuen Eigentümern bzw. Pächtern auch immer wieder Verwalter („gestrenge Herrn“) genannt.

Der Besitz kam an Paul Esterházy zurück, der den Hof 1687 seiner zweiten Gemahlin Eva Tököly übertrug, die den Hof „neu aufbauen“ ließ – was genau dieser „Neuaufbau“ bedeutet hat, wissen wir nicht.

1702 war der Hof wieder im Besitz des Paul Esterházy, wurde von ihm aus Geldschwierigkeiten infolge der Türkenkriege samt den Ortschaften St. Margarethen, Schützen und Zagersdorf um 60.500 Gulden verpfändet, und „gelangte“ 1748 wieder an die Familie Esterházy, bei der er – als Besitz verschiedener Familienangehöriger – bis 1848 blieb.

Nach Auflösung der Grundherrschaft 1848 verlor der Edelhof seine Bedeutung als adeliger Wohnsitz, blieb aber bis in die dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts Fürstlich Esterházyscher Verwaltungssitz.

Als Verwaltersitz verfiel der Hof zum Teil, wurde im 20. Jahrhundert zuerst an einen Ortsansässigen verpachtet, dann verkauft, unter dem damaligen Besitzer Franz Gruber teilweise renoviert.

Das „Herrschaftshaus“ war für die St. Margarethener Bevölkerung trotz seiner im Vergleich zu früheren Jahrhunderten „politischen“ Bedeutungslosigkeit noch lange ein „Mittelpunkt“ im dörflichen Jahresreigen der Feste: es war Veranstaltungsort und geeigneter Rahmen für die jährlich stattfindende sehr geschätzte „Weinkost“ und das Erntedankfest.

...und Zukunft

Nach langen Jahren des „Dornröschenschlafes“ soll der Edelhof nun wieder zu neuem Leben erweckt werden. So plant der jetzige Besitzer, Ing. Andreas Waha, den Hof zu einem lebendigen Zentrum der Gemeinde werden zu lassen, zu einem „offenen Haus“ mit einer ansprechenden Infrastruktur (Geschäfte, Lokale, Dienstleister und Veranstaltungsmöglichkeiten), so dass „jeder einzelne Bereich für den Anderen eine Bereicherung darstellt“.

Auch wenn zur Erreichung dieses Zieles noch ein gutes Stück Weges zu gehen sein wird, liegt es doch im Interesse der gesamten Gemeinde, das einmalige Objekt nicht nur zu erhalten, sondern auch mit zu gestalten.

Literatur:
Prickler, H., Burgen und Schlösser im Burgenland, 2. erw. Auflage, Wien 1972, S.136 f.

Schmeller-Kitt, A. u.a., Burgenland. (Dehio-Handbuch: Die Kunstdenkmäler Österreichs), 2. verb. Auflage, Wien 1980, S.275

Altenburger, J., Die Familien von St. Margarethen. Der Lebenslauf eines Dorfes im Burgenland. Hg.: Marktgemeinde St. Margarethen im Burgenland, o.J., S.229 ff.

Ders., 750 Jahre Marktgemeinde St. Margarethen - Festschrift. Hg.: Marktgemeinde St. Margarethen, o.J., S. 109 ff (Der Verfasser bezieht sich hier auf das oben erwähnte Buch von H.Prickler).

Allgemeine Landestopographie des Burgenlandes. Zweiter Band (Zweiter Halbband) Der Verwaltungsbezirk Eisenstadt und die Freistädte Eisenstadt und Rust. Herausgegeben von der Burgenländischen Landesregierung. Bearbeitet vom Burgenländischen Landesarchiv. Im Selbstverlag des Amtes der Burgenländischen Landesregierung, Landesarchiv. Eisenstadt 1961, S. 917.

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